Pinsel versus Pixel
von Silvie Aigner
Auch wenn Fotografie und neue Medien nach wie vor in ihrem Werk präsent sind, setzte Gabi Mitterer den Schwerpunkt ihres Euvres in den letzten Jahren vor allem im Medium der Malerei und stellte diese traditionelle Technik mit der neuen Computertechnologie in Verbindung.
Konstruktionen von Bildern, das Spiel mit der zweidimensionalen Ebene und der Raumsuggestion sowie die Illusion der Wahrnehmung bilden die Basis ihrer Farbverläufe und Schattenwürfe und zeigen ebenso wie die linearen Bildkompositionen das Interesse der Künstlerin an den malereiimmanenten Fragestellungen wie Raum und Licht. Die Farbverläufe und Raumfiguren werden mittels Computerprogrammen errechnet und in einem bewußt handwerklichen Prozeß auf die Leinwand übertragen. Anstelle des Pixels treten wieder der Pinsel und die haptische Qualität der Farbe. Gabi Mitterers Bilder spielen darüber hinaus auch mit der Wahrnehmung des menschlichen Auges. Wenngleich die Malerei und die Computerprogramme danach streben, der Wirklichkeit möglichst nahe zu kommen, so können sie diese dennoch nur simulieren. Trennten die Klebebänder, die Gabi Mitterer als >Meßinstrumente< bezeichnet, zunächst die Farbflächen exakt voneinander, so werden sie in späteren Arbeiten zum eigentlichen Thema des Bildes, die in ihrer Produktionsweise den Fotogrammen gleichkommen. Nur wird nicht mittels Licht, sondern mit schwarzer Farbe >belichtet<. Neben geometrischen oder konzentrischen Formen entstehen Gitterstrukturen aus Polygonen und Dreiecken, die auch in der Computerwelt die Basis eines Bildaufbaus bilden. Korrespondierend zu den großformatigen Malereien entstehen seit 2007 grafische Arbeiten, die Zeichnung, digitale Grafik und – indem Linien gestickt werden – altes Handwerk miteinander verbinden und dadurch einmal mehr den Raum selbst thematisieren. Gabi Mitterers Bilder stehen damit auch in der Kontinuität einer konstruktiven beziehungsweise konkreten Auffassung des Tafelbildes, das von jeher neben einer expressiv-gestischen Malerei einen wesentlichen Schwerpunkt in der österreichischen Kunst darstellt.
Silvie Aigner (Auszug aus dem Katalogtext zur Kulturpreisverleihung des Landes Niederösterreich, 2007)