Multria
von Alexandra Schantl
Nach anfänglicher Beschäftigung mit gegenständlicher Malerei und Fotografie hat sich ihre künstlerische Arbeit in den letzten Jahren in eine geometrisch-konstruktive Richtung entwickelt, bei der die sinnlich fassbare Darstellung abstrakter Ideen im Vordergrund steht.
Gabi Mitterer vertritt eine sehr eigenständige und konsequente künstlerische Position, die sich auf die Verschränkung von analogen und digitalen Medien bzw. Bildwirklichkeiten konzentriert. Das heißt, ihre Arbeit beginnt meist am Computer, den sie wie ein Skizzenbuch verwendet und der es ihr ermöglicht, verschiedene formale Ideen auszuprobieren, neue Formen und Räume zu entwerfen.
Diese zunächst nur in der digitalen Realität vorhandenen Strukturen übersetzt sie dann mittels solider Handwerkstechnik in Malerei oder Stickerei. Der Pinsel oder Nadel und Zwirn treten also an die Stelle von Pixel. Um in der malerischen Ausführung dennoch möglichst genaue Linien und scharf abgegrenzte Farbverläufe zu erzielen, werden auf die Leinwand behelfsweise Klebebänder aufgebracht.
Ein Teil der Arbeiten, basieren auf der Grundform des Dreiecks, die die Künstlerin besonders schätzt, da das Dreieck als Polygon mit der geringsten Seitenanzahl sehr vielfältige und detaillierte Kompositionen zulässt.
Das Dreiecksnetz findet überall dort Anwendung, wo es um Modellierungsverfahren oder um die Konstruktion dreidimensionaler Objekte geht – früher diente es der Landvermessung. Eine derartige Gitterstruktur dient somit als Modell zur Simulation von Räumen und Körpern, von möglichen Welten. Das ist das, was die Künstlerin daran fasziniert und die Quelle ihrer Inspiration darstellt, wobei es ihr bei ihren Arbeiten nicht wichtig ist, etwas konkret Erkennbares abzubilden.
Was Gabi Mitterer vielmehr interessiert, sind die unerschöpflichen Raumkonfigurationen, die sich aus dieser im Grunde sehr einfachen Basisstruktur erzeugen lassen. Die Bilder sollen bewusst unvollendet und mehrdeutig wirken, da sie keinem im Vorhinein festgelegten Kalkül folgen, sondern – trotz des vorangegangenen technischen Entstehungsprozesses – letztlich intuitiv geschaffen wurden. Gerade dieses gekonnte Zusammenspiel von „cooler“ Technik einerseits und traditioneller Handarbeit andererseits macht den unverwechselbaren ästhetischen Reiz von Gabi Mitterers Arbeiten aus.
Alexandra Schantl (Auszüge aus der Eröffnungsrede, "Gabi Mitterer – Multria", Melk 2012)